Auf den Spuren von Raum und Zeit
We used to look up at the sky and wonder at our place in the stars, now we just look down and worry about our place in the dirt.
— Murphy Cooper
Interstellar – Das Science-Fiction Meisterwerk von Regisseur Christopher Nolan aus dem Jahr 2014 hat es in sich: Wer bei diesem Film nicht konsequent mit dem Kopf bei der Sache ist, wird die Genialität der Story rund um die Suche nach einem neuen Heimatplaneten nicht ganz verstehen – zumindest nicht beim erstmaligen Anschauen.
Story
Die Grundstory des Films ist relativ schnell erklärt: Auf der Erde ist es nicht mehr möglich, lange zu überleben, die Nahrungsmittel sind aufgebraucht, man kann beinahe nichts mehr anpflanzen – nur noch Mais. Das ist der Grund, warum die NASA Matthew McConaughey alias Cooper in den Weltraum schickt, unter anderem auch mit Dr. Amelia Brand, gespielt von Anne Hathaway. Die Frage lautet: Ist es möglich, dass die Menschheit auf einen anderen Planeten umgesiedelt werden kann?
Ich hoffe ihr habt alle den Film gesehen, denn der nächste Teil dieses Blog-Beitrags ist garantiert nicht spoilerfrei! Falls nicht – schaut Interstellar – und lest genau an dieser Stelle wieder weiter.

Analyse
Setzen wir uns nun speziell mit der Analyse der Szene, bei dem Cooper in das Schwarze-Loch gesogen wird auseinander. Doch was ist ein Schwarzes Loch überhaupt?
Grundsätzlich kann jeder Körper mit Masse in ein Schwarzes Loch umgewandelt werden. Dafür muss dieser so stark komprimiert werden, dass der sogenannte Schwarzschild-Radius überschritten wird. Das bedeutet, dass die Atome und Teilchen eines Körpers ihre Dichte so weit erhöhen und ihre Größe dabei so weit verringern, dass ihre Anziehungskraft und Gravitation so groß sind, dass selbst Licht nicht mehr austreten kann. Doch wenn ein Schwarzes Loch erstmal entstanden ist, passiert etwas Weiteres, sehr Interessantes. Im Ereignishorizont entsteht eine Singularität. Die Dichte darin ist also unendlich hoch und nichts, was einmal den Ereignishorizont überschritten hat, kann je wieder hinaus – das macht die Erforschung ziemlich schwierig. Ein Mensch würde diesen Prozess auf jeden Fall nicht überleben, denn er würde langgezogen und in Stücke gerissen werden, sobald er diesen Horizont erreicht.
Cooper wird in „Interstellar“ jedoch durch das Schwarze Loch an einen Ort befördert, an dem kaum Schwerkraft und Zeit existiert. Er befindet sich in einem Tesserakts, einem vier-dimensionalen Konstrukt, indem Zeit nicht in einem Strang verläuft und nur ein Zeitpunkt herrscht, sondern Zeit immer ist. Cooper hat somit Zugang zu allen Ereignissen, die jemals passiert sind und jemals passieren werden. Innerhalb dieser vier Dimensionen ist es ihm aber nicht möglich in der Zeit selbst zu reisen, er kann sich nur Ereignisse ansehen und Impulse geben, wie das Buch, dass er aus der Bibliothek fallen lässt, um Murph dazu zu bringen, zu bleiben.

Wie in vielen Mindfuck-Filmen, kann man mehr Theorien für eine Szene aufstellen. Die erste Theorie für diesen bahnbrechenden Moment in der Story ist, das Cooper tot ist und alles was wir sehen eine Art Todestraum von ihm selbst ist. Das würde den fehlenden Altersunterschied zu seiner Tochter in der letzten Einstellung erklären.
Eine andere Theorie ist da schon etwas experimenteller: Durch die Platzierung eines Tesseraktes muss es für den Erschaffer möglich gewesen sein, auf Zeit und Raum zuzugreifen und somit auf einen hypothetischen Hypercube. Möglicherweise war Coopers Bestimmung erfüllt und der Kreis hatte sich geschlossen. Jedoch wurde sein Wunsch, mit Murph einen weiteren Moment zu verbringen, von dem Erschaffer des Tesseraktes erfüllt, indem Cooper entweder in der Zeit zurück auf einen fremden Planeten reiste oder in ein Paralleluniversum durch Umstände dorthin gelangte.
Die dritte Theorie ist die meiner Meinung nach schlüssigste, wenn auch nicht die ganz einfachste. Für alles um Cooper herum verging eine Menge Zeit, während er in das Schwarze Loch fiel. So viel, dass es möglich sein kann, dass Dr. Brand die neue Zivilisation bereits aufgebaut hatte und der fremde Planet, auf dem Cooper seine Tochter findet, eben dieser ist und Murph mit den Daten, die Cooper durch den Tesserakt übermittelte, eine Methode für die Manipulation von Zeit und Raum herausfand. Und sie damit das Wurmloch und auch den Tesserakt platzierte. Sie könnte sich selber in dem Alter gehalten haben, um Cooper zu sich zu holen und in Frieden sterben zu können. Murph sagt kurz vor ihrem Tod folgende Worte: „Brand, sie ist da draußen, vielleicht bereitet sie sich auf einen langen Schlaf vor.“ Vielleicht redet Murph nicht von den jetzigen Zeitpunkten, sondern von denen, nachdem Cooper in das Schwarze Loch gefallen war. Da Zeit für jemanden in der vierten Dimension nicht etwas ist, woran man gebunden ist, sondern etwas, worin man wandelt, so wie wir im dreidimensionalen Raum.
Geh nicht gelassen in die gute Nacht, brenn, rase, wenn die Dämmerung lauert. Im Sterbelicht sei doppelt zornentfacht, geh nicht gelassen in die gute Nacht.
Dylan Thomas
